Dienstag, 20. Januar 2009

Lotte oder Entwirrungen auf Geschäftsleitungsebene


Die DiVa sitzt tief konzentriert über Ihren Platten und Geschäftsberichten, versucht etwas Ordnung in das von Olpe und Pilsener hinterlassene Chaos zu bringen, als Sie plötzlich vor dem Thresen jemanden wild gestikulieren hört. ein schnauben, jammern, hyperventilieren ist das. Energisch schaut Sie auf, bereit zum Tadel, doch Sie hält Inne. Lotte steht oder vielmehr stampft vor dem Counter rum, fuchtel wild mit den Armen, oder vielmehr mit dem was davon übrig ist.
Die DiVa überlegt sich kurz: Geh garnicht darauf ein, schau einfach wieder auf dein zu erledigendes Chaos, die wird sich schon beruhigen. Doch DiVa ist DiVa und bleibt sozial.
"Was ist denn mit dir Lotte, du siehst ja aus wie ein Wollknäuel!"
Und tatsächlich Lotte ist kugelrund und bunt, in Fäden verfangen und je mehr Sie zappelt desto weniger ist von Lotte übrig.
"Ach DiVa, ich habe mich da in irgendetwas verstrickt! Ich habe alles probiert, aber ich komme da irgendwie irgendwie nicht raus. Du bist meine letzte Hoffnung. Du, die immer mit beiden Beinen auf dem Boden stehst, immer Rat weiss und gelassen bleibt. Mit deiner unendlichen Souveränität und Gelassenheit, Du kannst mir hier raus helfen. Sag, kannst du?

Die DiVa lehnt sich zurück, schaut sich das Übel mal von allen Seiten an und weiss es gibt nur eine Lösung. Lotte muss da selber rauskommen, denn an welchem Ende sie auch zieht, an einer gegenüberliegenden Seite beginnt der Knäuel um so mehr zu spannen.

"Setz dich erstmal Lotte, und erzähl, wo ist denn der Hauptfaden der ganzen Angelegenheit?"

Lotte versucht sich zu setzten, kugelt aber immer wieder vom Stuhl. So entschliesst Sie sich den Raum auf und ab zu tippeln.

"Also ruft Sie vom Punkmusikregal herüber. Ich hatte eine Idee, ein Abendteuer, ein Wagnis geplant. Ich wollte den schönsten, längsten, haltbaresten und buntesten Schal der Welt stricken. Als ich mal angefangen hatte und die ersten Maschen geklöppelt hatte, " Sie war mittlerweile bei der One Hit Wonder Vitrine angelangt, "wurde mir schnell klar, dass meine Strickkünste nicht ausreichen würden. Also habe ich mich auf die Suche nach Strickkünstlern gemacht. Ich habe tolle Stricker gefunden, die haben alle Ihre Muster und Farben in den Schal gestrickt, manch einer hat sogar gehäckelt. Die Lieblings-ab-und-zu-Zicke zum Beispiel, die hat zwar ein paar unregelmässigkeiten drin, aber dafür mit ganz viel Liebe ein ganz langes Stück gemacht, und die Yogitante, kennst du die noch? Die hat so viele Wellen geklöppelt, die Lieblingsdivatunte hat mit viel grossen Löchern und lebhaft gestrickt, und da der rote Faden, der kommt von der Lieblingslesbe.

Alles war super toll.

Und dann, nach ein paar Jahren habe ich mich selber wieder daran gesetzt" rief Sie vom *Grosse Duette* Regal rüber, "doch dann kam ein toller Stricker, der schin mir so besonders, wir haben unglaublich Muster geklöppelt, farbig, jaja gar aufregend, aber irgendwie haben wir uns dann verstrickt und garnicht mehr am gleichen Faden gezogen, plötzlich war die eine Hälfte ein stetiges und gleichmässiges Zopfmuster, und die andere nur noch halbherzig und unregelmässig. Ausserdem waren beide Seiten verschiedenbreit. Wir konnten die nichtmal mehr aneinander nähen, immer wieder haben wir uns in die Finger gestochen, einer hat genäht der andere wieder aufgeribbelt, bis der ganze gesamte Schal nur noch ein riesen um mich gewickeltes Wollknäuel war. Und jetzt brauche ich Dich DiVA, du musst mir helfen, mich da wieder rauszuwickeln, ich kann doch so nicht durchs Leben tippeln, und beim nächsten Grossen Regen, da sauge ich mich voll und dann...dann geht garnichts mehr!"

Lotte sah die DiVa mit Ihren grossen kindlichen, wechselfarbigen Augen an, und DiVa kam nicht drum rum Lotte helfen zu wollen.

Sie holte Stricknadeln aus ihrem Handtäschen, enthädderte die Enden des roten, des bunten, des grosslöchrigen, des gleichmässigen und aller so schönen und verschiedenen Fäden, die die Lieblingsmenschen mit viel Mühe und Liebe einst zum ersten Teil des Schals verstrickt hatten, nahm die ersten paar Maschen auf, lief zu Lotte hinüber die sich um die Ecke des Top-Ten-1985-Regals rumzumanövrieren versuchte, drücke Lotta Ihre Vorarbeit in die Hand, lächelte und widmete sich schweigend Ihrer Arbeit

Lotta blieb eingeklemmt zwischen Pilsener und dem Regal stehen, überlegte kurz, und verstand.

Rausstricken. Sie muss sich nun in mühsamer Kleinarbeit rausstricken aus Ihrem Knäuel.

Als die DiVa 20 Minuten später von Ihren Dokumenten aufhörte, sah Sie Lottas Nadeln fröhlich in der Weltmusik-Ecke klackern. "Na hoffentlich lässt der nächste Regen noch lange auf sich warten."

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie immer genial geschrieben! Das sah sicher lustig aus mit dem wandelnden Knäuel. Und wenn ich das so lese, dann könnte man es auch als Gleichnis für ein Lebenswirrwarr lesen! Gratulation!

pulsiv hat gesagt…

ich stell mir lieber vor, wie frollein diva als großes kätzchen mit dem wollknäul spielt. mauz.

Erdge Schoss hat gesagt…

Wenn Lotte, liebes Fräulein DiVa, wechselfarbige Augen hat, dann ist sie wahrscheinlich Grace Jones.

Herzlich
Ihr Erdge Schoss

Anonym hat gesagt…

so, hier bin ich jetzt auch mal endlich angekommen, ich habe aber noch nicht gelesen, weil ich mich erstmal melden wollte. so, ich les dann mal und danach gibt's meinen senf! bis gleich ;-)

Anonym hat gesagt…

äh ja... sagense lotte nen lieben gruß vom pelzmonsterchen, sie möchte es doch das nächste mal mit häkeln versuchen?!

Die DiVa hat gesagt…

Sie Fuchs Sie, werter Herr Swiss, ach und Charmeur sind Sie ja auch noch!

Das, werter Herr Pulsiv fände die Frau Lotte aber wohl weniger amüsant, oder wie würden Sie es finden...ach lassen wir das!

Wenn Grace Jones wechselfarbige Augen hat, werter Herr Schoss, dann ist Sie vielleicht Lotte?

Setzten Sie sich erstmal Fräulein wombat, nur nicht hetzen!

Das hat Sie liebes Fräulein Pelztier, Sie hat wahrlich alles probiert. Ich richte aus, Lotte dankt!

Herzlichst und über den Büchern

Ihre DiVa